OLG München, Beschluss vom 07.05.1998, 1 W 1512 / 98

Ein im Alkoholdelirium eingelieferter Patient sollte zwar durch geeignete Maßnahmen (Sitzwache) vor Selbstgefährdung geschützt werden. Gleichwohl besteht, falls dies unterlassen wird, keine Haftung, da eine Selbstgefährdung damit nicht ausgeschlossen werden kann.

Strengste Fixation im Bett  ist  ohne eindeutige Anzeichen einer Selbstgefährdung bzw. Suizidalität nicht zulässig und nicht medizinisch vertretbar.

 

OLG München, Beschluss vom 07.05.1998, 1 W 1512 / 98

 

Der Antragsteller erstrebt Schmerzensgeld wegen selbstzugefügter Verletzungen im Krankenhaus. Er befand sich dort zur Entgiftung und erlitt bei einem Sturz aufgrund eines cerebralen Krampfanfalles Gehirnblutungen.

Der Antragsteller ist der Auffassung, dieser Sturz hätte durch pflegerische Maßnahmen insbesondere Anordnung einer Sitzwache vermieden werden müssen.

Selbst wenn man die Anordnung einer Sitzwache für angezeigt erachten wollte, hätte diese Überwachungsmaßnahme nicht mit der erforderlichen Gewißheit den Unfall verhindern können. Dies ergibt sich bereits aus dem Umstand, dass es dem Antragsteller auch bei Anbringung eines Bettgitters nicht hätte verwehrt werden können, das Bett zu verlassen, um etwa die Toilette aufzusuchen oder sich im Zimmer einige Schritte zu bewegen. Ein bei dieser Gelegenheit auftretender plötzlicher Anfall mit sofortigem Sturz hätte dann auch durch unmittelbares Herbeieilen einer Sitzwache nicht in jedem Falle verhindert werden können. Unabhängig davon ist es bekannt, dass im Alkoholdelir auch Schutzgitter am Bett ohne merkliche Verzögerung überwunden werden können. Unmittelbar hierbei oder danach ist ein Sturz auf den Boden damit nicht ausgeschlossen.

Das Anlegen eines Sturzhelms wäre allein zum Schutz des Kopfes geeignet gewesen, hätte aber für sonstige Gefährdungen z.B. bei einem Sturz aus dem Fenster oder dergleichen nicht hinreichend Schutz erbracht. Zudem wäre es nicht möglich gewesen, dem Kläger das Tragen eines solchen Helms auch zur Bettruhe zwangsweise aufzuerlegen, da eine solche Maßnahme unverhältnismäßig und zur Vermeidung einer Selbstgefährdung ungeeignet gewesen wäre.

Die Verordnung eines Laufgestells hätte ebenfalls nicht verhindern können, dass der Kläger dieses unvermittelt nicht mehr benutzt und dann zu Fall gekommen wäre.

Insgesamt hätte der Unfall nur durch strengste Fixation im Bett mit ausreichender Sicherheit verhindert werden können. Solche freiheitsentziehende Maßnahmen wären aber ohne eindeutige Anzeichen einer Selbstgefährdung bzw. Suizidalität nicht zulässig und medizinisch vertretbar gewesen.

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