AG Garmisch-Partenkirchen: In Pandemie erfordert eine kurzzeitige Psychiatrie-Unterbringung eine akute, nicht nur ernste Gefahrenlage

Grundsätzlich setzt nach ständiger Rechtsprechung des BGH die Genehmigung einer geschlossenen Unterbringung nach § 1906 Abs. 1 Nummer 1 BGB keine akute, unmittelbar bevorstehende Gefahr für den Betreuten voraus. Ausreichend, zugleich aber auch notwendig ist nur eine ernstliche und konkrete…

BGH: Freiheitsentziehende Unterbringung liegt bereits vor, wenn ein fortbewegungsfähiger Mensch den natürlichen Willen entwickeln und umsetzen könnte, die Einrichtung zu verlassen, auch wenn er das bislang nicht versucht hat.

Wird ein Betroffener, der sich allein mit seinem Rollstuhl fortbewegen kann, in einer Wohneinrichtung untergebracht, deren Außentür verschlossen wird, damit der Betroffene den geschützten Bereich nicht eigenmächtig verlassen kann, ist diese Unterbringung mit einer Freiheitsentziehung verbunden. Zwar stellt es keine…

AG Garmisch-Partenkirchen: Wer keinen natürlichen Wunsch zeigt, eine Station zu verlassen, obwohl körperlich in der Lage wäre, wird allein durch verschlossene Stationstüren nicht  beschränkt.

Maßgeblich ist bei der juristischen Qualifikation einer Maßnahme als geschlossene Unterbringung, ob eine  Beugung eines natürlichen Willens stattfindet. Gemeint ist hier nur der natürliche Wille, also der Wunsch, den Standort zu verändern. An die entsprechende Feststellung sind hohe Anforderungen zu…

AG Garmisch-Partenkirchen: Lorazepam nicht genehmigungspflichtig, wenn Unterbindung des Bewegungsbedürfnisses eine Nebenwirkung eines angstdämpfenden therapeutischen Zweckes und keine Abhängigkeit feststellbar

Amtsgericht Garmisch-Partenkirchen,  Az.: B XVII 285/15, Beschluss vom 29.12.2016 Die Verabreichung eines Medikaments stellt eine freiheitsentziehende Maßnahme im Sinne des § 1906 Abs. 4 BGB dar, wenn die Betroffene durch sie gezielt in seiner körperlichen Bewegungsfreiheit eingeschränkt werden soll. Während…

BVerfG: Je länger eine Unterbringung angeordnet wird, umso genauer muss die Entscheidung abgewogen und begründet sein

Je länger die Unterbringung andauert, umso strenger sind die Voraussetzungen für die Verhältnismäßigkeit des Freiheitsentzugs. Bei langdauernden Unterbringungen wirkt sich das zunehmende Gewicht des Freiheitsanspruchs bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung auch auf die an die Begründung einer Entscheidung zu stellenden Anforderungen aus.…

AG Gießen: kein Kündigungsrecht des Vertrags, sondern Pflicht zur personellen Einstellung auf die Besonderheiten

Die Betreiberin einer Wohneinrichtung für Menschen mit Behinderung muss solche Verhaltensweisen ihrer Bewohner hinnehmen, die Ausdruck der Besonderheit in deren Persönlichkeit sind. Hierzu können bei Menschen mit geistiger Behinderung auch Schwierigkeiten bei der Impulskontrolle gehören. Erwartbar sind zum Beispiel situationsbedingt…

Wie bewusst sind Menschenrechte in der stationären Altenhilfe?

Forschungsergebnisse der Studie „Menschenrechte in der stationären Altenhilfe“: Wie bewusst sind Menschenrechte in der stationären Altenhilfe? Prof. Dr. Constanze Giese, KSFH München Am Fachtag Prof. Dr. Constanze Giese stellte eine Studie zum Thema der menschenrechtsbasierten Pflege vor: den befragten Pflegekräften waren die grundlegenden Begriffe der…

Sind Medikamente immer nötig? Die besseren Alternativen für pflegebedürftige Menschen

Münchner Merkur vom 18.8.2016 berichtet von  der vierten Fachtagung Werdenfelser Weg in München. Ca. 300 Teilnehmer, darunter Professoren, Doktoren, Apotheker und Pfleger, seien anwesend gewesen, sowie die Bayerische Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU). Gerhard Ackermann vom Regenbogen Haus in Magdeburg gab ein praktisches Beispiel:…

AG Fulda: Sensorgesteuerte Weglaufsperre „Rund um die Uhr“ ist als Unterbringung zu prüfen und unverhältnismäßig, wenn andere weniger einschneidende Ortungssysteme ausreichen

Der Antrag auf gerichtliche Genehmigung der sog. „sensorgesteuerten Weglaufsperre“ für 24 Stunden und an 7 Tagen in der Woche stellt keinen Antrag auf Genehmigung einer freiheitsentziehenden Maßnahme iSd § 1906 Abs. 4 BGB (mehr) dar, sondern vielmehr einen Antrag auf…

AG Garmisch-Partenkirchen: Sendearmband, das beim Verlassen der Einrichtung Signal gibt, ist feM, wenn Bewohner ausnahmslos von der Fortsetzung seines Ausflugs abgehalten werden soll.

Allein das Anbringen eines Sendearmbands, das beim Verlassen der Einrichtung Signal gibt, erlaubt noch keine rechtliche Beurteilung als freiheitsentziehende Maßnahme, entscheidend ist vielmehr, welche mit dem Betreuer abgesprochene Reaktion darauf erfolgt. Auch wenn die Planung darauf hinausläuft, dass der Bewohner…

OLG Karlsruhe: Verfahren nach baden-württembergischem Landesrecht ist mit verfassungsrechtlicher Kompetenzordnung vereinbar

Die Ausgestaltung des gerichtlichen Verfahrens zur Zwangsbehandlung bei einer strafrechtlichen Unterbringung durch den baden-württembergischen Landesgesetzgeber ist mit der verfassungsrechtlichen Kompetenzordnung vereinbar. Statthaftes Rechtsmittel gegen die Erteilung der gerichtlichen Zustimmung zu einer Zwangsbehandlung nach §§ 20, 32 Abs. 2, 38 Abs.…

OLG Karlsruhe: FamFG findet bei strafrechtlicher Unterbringung weder unmittelbar noch entsprechend Anwendung

Die bundesgesetzlichen Bestimmungen über das Verfahren in Unterbringungssachen im Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) finden hinsichtlich einer strafrechtlichen Unterbringung weder unmittelbar noch entsprechend Anwendung. Statthaftes Rechtsmittel gegen die Erteilung der gerichtlichen…

OLG Karlsruhe: Zwangsbehandlung steht in unauflöslichem Zusammenhang mit der jeweiligen Unterbringungsform

OLG Karlsruhe, 05.04.2016, 2 Ws 90 / 16   Eine Zwangsbehandlung steht in unauflöslichem Zusammenhang mit der jeweiligen Unterbringungsform, die unterschiedliche Zwecke verfolgt. Mit dem Übergang von einer Rechtsgrundlage einer Unterbringung auf eine andersartige Rechtsgrundlage endet auch die Rechtsgrundlage einer…

BGH: Alkoholismus rechtfertigt Unterbringung nur, wenn Alkoholismus im Zusammenhang mit psychischer Erkrankung steht oder Zustand eingetreten ist, der Ausmaß eines geistigen Gebrechens erreicht hat.

Alkoholismus für sich gesehen ist keine psychische Krankheit bzw. geistige oder seelische Behinderung im Sinne von § 1906 Abs. 1 Nr. 1 BGB, so dass allein darauf die Genehmigung der Unterbringung nicht gestützt werden darf. Ebenso wenig vermag die bloße…

Prof. Giese: Verständnis von Menschenrechten in der stationären Altenhilfe

Prof. Dr. Constanze Giese,   Dekanin im Fachbereich Pflege, Katholische Stiftungsfachhochschule München  ist  Moraltheologin, die zum Informed Consent promoviert hat und Krankenschwester, die in der Gerontopsychiatrie sozialisiert wurde und in der geschlossenen Psychiatrie gearbeitet hat. Sie  wird das Projekt „Befähigung zu menschenrechtsbasierter Pflege“…

AG Garmisch-Partenkirchen: Krankenhauspatient mit zeitweiser Einwilligungsfähigkeit entscheidet selbst verbindlich für Schutzmaßnahmen in schlechten Tagesphasen

Der Wille eines Krankenhauspatienten mit fluktuierendem Krankheitsbild, der in einwilligungsfähigen Phasen entscheidet,  wie er für Tagesphasen gesichert (oder eben nicht gesichert) werden soll, in denen er die Risikolage nicht erfassen kann, geht jeder Betreuer- oder Richterentscheidung vor. Es kommt keine…

Eingitterung, Alibi-Lücke oder echte Ausstiegsluke ? 5 Faustformeln zur Genehmigungspflicht von Bettgittern

Ein Beitrag zur  Frage, ob Bettgitter im stationären Alltag einer betreuungsgerichtlichen Genehmigung bedürfen oder nicht. „Es kommt darauf an“, sagt der Jurist! „Ja, worauf denn?“ fragen die Anwender. Und die Anwender ihrerseits sagen: „Das ist nur zum Schutz“ und wundern sich,…

Modell »Tranquilizer«

»Tranquilizer« nannte der amerikanische Arzt Benjamin Rush den Zwangsstuhl Anfang des 19. Jahrhunderts. Als therapeutisches Instrument konzipiert und zugleich Ersatz für Ketten für Patienten.  Äußerlich wie ein gemütlicher Ohrensessel wirkt er fast einladend.  Allerdings  verfügte er über  Halterungen und Riemen…

Radiobeitrag 28.12.2015, SRF:   Klarere Regeln bei medizinischen Zwangsmassnahmen

Die Schweizerische Akademie der Medizinischen Wissenschaften (SAMW) hat im Dezember 2015 45-seitige medizin-ethische Richtlinien zur Verfügung gestellt, um Fragen bei Zwangsmassnahmen in der Medizin beantworten zu können.  Mithilfe der Richtlinien soll ein Bewusstsein dafür geschaffen und aufrechterhalten werden, dass jede Zwangsmassnahme,…

Schweizer medizin-ethische Richtlinien zu Zwangsmassnahmen in der Medizin

Die Schweizerische Akademie der Medizinischen Wissenschaften (SAMW) hat im Dezember 2015 45-seitige medizin-ethische Richtlinien zur Verfügung gestellt, um Fragen bei Zwangsmassnahmen in der Medizin beantworten zu können. Es wird zwischen medikamentöser Zwangsbehandlung (Zwangsbehandlung im engeren Sinne) und Anwendung von sedierenden Medikamenten unterschieden.…

AG Garmisch-Partenkirchen: feM bei Familienpflege ohne gerichtliche Genehmigungen nur durch Anordnung des Betreuers/Bevollmächtigten

Im Rahmen einer ambulanten häuslichen Versorgung hat der Gesetzgeber aus politischen Gründen  die Genehmigungspflicht für Maßnahmen gemäß § 1906 IV BGB wie Bettgitter als nicht erforderlich angesehen. Nach dieser Vorschrift gelten die Abs. I-III entsprechend, wenn der betreuten Person, die…

AG Garmisch-Partenkirchen: objektivierbare und konkrete Anhaltspunkte für den Eintritt eines erheblichen Gesundheitsschadens erforderlich

Die Genehmigung einer Freiheitsentziehung nach § 1906 BGB setzt das Bestehen einer qualifizierten Gefährdungslage voraus. Über eine dringende medizinische Behandlungsempfehlung hinausgehend muss auch eine ernstliche und konkrete Gefahr für Leib oder Leben des Betroffenen bestehen. Notwendig ist eine ernstliche und…

Patientensicht: beklemmendes Gefühl, menschliche Zuwendung, traumatisches Erleben, Verlust der Intimsphäre, Folter

Aus nachträglichen Befragungen von Psychiatriepatienten, wie sie die vorübergehende Fixierung erlebt haben: Wenn sie von einer Bauchfixierung erzählt, spricht sie von einem horrenden Erlebnis bzw. einem beklemmendem Gefühl, wie ein Freiheitsberaubung. Sie berichtet, dass sie alles mitbekommen habe und so…

Patientensicht auf Fixierungen in der Psychiatrie : Panik, Respekt, Kontakt, entschärfende Alternativen

Aus nachträglichen Befragungen von Psychiatriepatienten, wie sie die vorübergehende Fixierung erlebt haben: Eine weitere Betroffene erzählt, dass sie schon öfters mittels Gurten fixiert wurde. Sie gibt an, dass die Fixierung immer mit einer Kombination von Medikamenten (Zwangssedierung) geschah. Es gäbe…

Patientensicht auf Fixierungen in der Psychiatrie : Gefühl falscher Behandlung und Übermacht der Pfleger

Aus nachträglichen Befragungen von Psychiatriepatienten, wie sie die vorübergehende Fixierung erlebt haben: Sie gibt an während des stationären Aufenthaltes mehrere Infusionen erhalten zu haben. Sie hatte das Gefühl nicht richtig behandelt worden zu sein. Die Infusion wurde sehr langsam eingestellt.…

Muster eines Gutachtens zur medikamentösen Freiheitsentziehung

Der Bundesanzeiger Verlag hat anonymisiert ein Sachverständigengutachten eines Psychiaters ins Internet gestellt, dass sich unter anderem mit der Frage des § 1906 Abs. 4 BGB, also der Genehmigung von potenziell freiheitsentziehenden Medikamenten befasst. Fast nicht zu glauben, dass derartig ausgearbeitete Gutachtensaussagen…

Interview BtPrax Dr. Kirsch Dezember 2015

Ein ausführliches Interview im Dezember 2015 mit Dr.Sebastian Kirsch bringt das Online-Portal der BtPrax. Die Redaktion zählt ihn zu  Fachpersönlichkeiten rund um die Themen „Rechtliche Betreuung“ und „Unterbringung“ sowie angrenzenden Themenfeldern. Sei´s drum. Link zum Interview

Hamburg: Mit dem Werdenfelser Weg ist es erfolgreich gelungen, einen Prozess des Umdenkens anzustoßen.

Hamburgs Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks: 17. Februar 2015 „Fixierungen sind ein sehr schwerwiegender Eingriff in die Grundrechte eines Menschen. Sie dürfen nicht Teil der Versorgung von Pflegebedürftigen sein. Der ,Werdenfelser Weg‘ zeigt, dass es in sehr vielen Fällen Alternativen zu freiheitsentziehenden Maßnahmen…

„Schön ist, dass wir deutlich machen konnten, dass wir alle gemeinsam das gleiche Ziel verfolgen.“

„Das war eine wichtige Veranstaltung“, war in Blaufelden die einstimmige Meinung der mehr als 50 Teilnehmer der Träger von Senioren- und Behinderteneinrichtungen im Landkreis Schwäbisch Hall. „Schön ist, dass wir deutlich machen konnten, dass wir alle gemeinsam das gleiche Ziel verfolgen:…

Diese Webseiten verwenden Cookies und anonymes technisches Datenmanagement für mehr Nutzerfreundlichkeit. Mit der weiteren Verwendung stimmen Sie dem zu.

Datenschutzerklärung