Das Unterbringungsverfahren wird eingestellt.
Gründe:
…
Die Genehmigung einer Freiheitsentziehung nach § 1906 BGB setzt das Bestehen einer qualifizierten Gefährdungslage voraus. Es muss die Gefahr bestehen, dass der Betroffene sich selbst tötet oder erheblichen gesundheitlichen Schaden zufügt (§ 1906 Abs. 1 Nr. 1 BGB) oder ein erheblicher gesundheitlicher Schaden droht (§ 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB).
Zwar ist eine medizinische Behandlungsempfehlung im stationären Umfeld ohne weiteres nachvollziehbar, weil die Betroffene sich in einer vermutlich drogeninduzierten Psychose befindet. Dies wurde in richterlicher Anhörung auch deutlich.
Nach § 1906 Abs. 1 Nr. 1 BGB ist die Unterbringung nur zulässig, solange sie zum Wohl des Betreuten erforderlich ist, weil aufgrund einer psychischen Erkrankung oder geistigen oder seelischen Behinderung des Betreuten die Gefahr besteht, dass er sich selbst tötet oder erheblichen gesundheitlichen Schaden zufügt. Für beide Tatbestände der Selbstgefährdung muss die Ursache in einer psychischen Krankheit oder einer geistigen oder seelischen Behinderung liegen, aufgrund derer der Betreute seinen Willen nicht frei bestimmen kann (MünchKomm/Schwab, BGB, 5. Aufl., § 1906 Rz. 17; Staudinger/Bienwald, BGB, 2006, § 1906 Rz. 23; Bienwald/Sonnenfeld/Hoffmann, Betreuungsrecht, 4. Aufl., § 1906 Rz. 90).
Über eine dringende medizinische Behandlungsempfehlung hinausgehend muss auch eine ernstliche und konkrete Gefahr für Leib oder Leben des Betroffenen bestehen.
Im Gegensatz zur öffentlich-rechtlichen Unterbringung verlangt die zivilrechtliche Unterbringung durch einen Betreuer keine akute, unmittelbar bevorstehende Gefahr für den Betreuten. Notwendig ist allerdings eine ernstliche und konkrete Gefahr für Leib oder Leben des Betreuten (BT-Drucks. 11/4528, S. 146; Staudinger/Bienwald, § 1906 Rz. 23; Jürgens/Marschner, Betreuungsrecht, 3. Aufl., § 1906 BGB Rz. 13). Der Grad der Gefahr ist in Relation zum möglichen Schaden ohne Vornahme der freiheitsentziehenden Maßnahme zu bemessen (Bienwald/Sonnenfeld/Hoffmann, § 1906 Rz. 91). Die Gefahr für Leib oder Leben setzt kein zielgerichtetes Verhalten des Betreuten voraus, sodass auch eine völlige Verwahrlosung ausreichen kann, wenn damit eine Gesundheitsgefahr durch körperliche Verelendung und Unterversorgung verbunden ist (BT-Drucks. 11/4528, S. 146; BayObLG, FamRZ 1993, 998; OLG München, BtPrax 2006, 105 = FamRZ 2006, 1228 [LS.]; MünchKomm/Schwab, § 1906 Rz. 16; Staudinger/Bienwald, § 1906 Rz. 23).
Das setzt allerdings objektivierbare und konkrete Anhaltspunkte für den Eintritt eines erheblichen Gesundheitsschadens voraus (Bamberger/Roth/Müller, BGB, 2. Aufl., § 1906 Rz. 9), dien vorliegend nicht mit der gebotenen Sicherheit erkennbar sind. Es ist im Zusammenhang mit den Ereignissen um den (zunächst freiwilligen) Krankenhausaufenthalt kein Anhaltspunkt greifbar geworden, der eine hinreichende Gefährdungslage rechtfertigen könnte. Reine Spekulationen über eine theoretisch denkbare Gefährdungssituation reichen dafür nicht aus.
Der Genehmigungsbeschluss einer Unterbringung dürfte sich in seiner Begründung nicht im Wesentlichen auf die Wiedergabe des Gesetzestextes beschränken; dem Beschluss müssen sich konkrete Umstände entnehmen lassen, die die Annahme der eine Unterbringung rechtfertigenden konkreten Gefährdung zulassen ( BGH, Urteil vom 02.09.2015, XII ZB 115 / 15).
Die Genehmigung einer Unterbringung nach § 1906 Abs. 1 Nr. 1 BGB muss zudem erforderlich sein (vgl. Senatsbeschluss v. 23.1.2008 – XII ZB 185/07 -, FamRZ 2008, 866, 867). Wenn die Gefahr durch andere Mittel als die freiheitsentziehende Unterbringung abgewendet werden kann, kommt eine Unterbringung als unverhältnismäßig nicht in Betracht (MünchKomm/Schwab, § 1906 Rz. 18; Staudinger/Bienwald, § 1906 Rz. 25).
Amtsgericht Garmisch-Partenkirchen, Beschluss vom 30.12.2015, A XVII 632/15