BGH, Urteil vom 02.09.2015, XII ZB 115 / 15

Die im Jahre 1943 geborene zuletzt obdachlose Betroffene leidet an einer wahnhaften Störung. Das Amtsgericht hatte auf Antrag der Betreuerin die Unterbringung bis längstens zum 6. März 2015 genehmigt. Die hiergegen gerichtete Beschwerde hat das Landgericht zurückgewiesen. Mit ihrer Rechtsbeschwerde zum BGH begehrt die Betroffene die Feststellung, dass sie durch diese beiden Entscheidungen in ihren Rechten verletzt worden ist.

Die Rechtsbeschwerde ist … begründet, weil die Entscheidungen die Betroffene in ihren Rechten verletzt haben.

Die Genehmigung einer Unterbringung nach § 1906 Abs. 2 Satz 1 BGB setzt das Bestehen einer qualifizierten Gefährdungslage voraus. Es muss die Gefahr bestehen, dass der Betroffene sich selbst tötet oder erheblichen gesundheitlichen Schaden zufügt (§ 1906 Abs. 1 Nr. 1 BGB) oder ein erheblicher gesundheitlicher Schaden droht (§ 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB). Der Tatrichter hat hierzu die erforderlichen Feststellungen zu treffen.

Dem werden die Entscheidungen von Amts- und Landgericht nicht gerecht.

Dem amtsgerichtlichen Beschluss, der sich in seinen Gründen im Wesentlichen auf die Wiedergabe des Gesetzestextes beschränkt, lassen sich keinerlei Umstände entnehmen, die die Annahme der eine Unterbringung rechtfertigenden Gefährdung zulassen.

Das Landgericht führt aus, es bestünden „jedenfalls Anhaltspunkte, dass die Heilbehandlung zur Abwendung eines drohenden erheblichen gesundheitlichen Schadens erforderlich“ sei. Damit wird nicht die notwendige Gefährdungssituation, sondern lediglich deren Möglichkeit festgestellt.

Auch die weiteren landgerichtlichen Erwägungen erlauben nicht den Schluss auf das Vorliegen der Unterbringungsvoraussetzungen.

Es bleibt gänzlich unklar, welches der … drohende … Schaden sein soll.

Soweit in den Beschlussgründen erwähnt ist, die zuletzt obdachlose Betroffene habe sich „bei Einlieferung in einem körperlich verwahrlosten und unterernährten Zustand“ befunden, besagt dies nichts über eine bestehende erhebliche Gesundheitsgefährdung, der nur mit einer Unterbringung und nicht etwa auch im Rahmen ambulanter, gegebenenfalls durch die Berufsbetreuerin zu organisierender Hilfen begegnet werden könnte.

Die Betroffene ist durch die Genehmigung der Unterbringung in ihrem Freiheitsgrundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG verletzt.

Eine freiheitsentziehende Maßnahme bedeutet stets einen schwerwiegenden Grundrechtseingriff im Sinne des § 62 Abs. 2 Nr. 1 FamFG (Senatsbeschluss vom 30. Juli 2014 – XII ZB 169/14 – FamRZ 2014, 1694 Rn. 29).

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