Heimbetreiber müssen Kosten für Rettungseinsätze, die bei der nächtlichen Suche einer orientierungslosen Seniorin entstehen, nicht tragen, wenn diese in vollem Umfang der Rettung von Bewohnern aus akuter Lebensgefahr dienen.
VG Gießen, Urteil vom 04.02.2015 – 4 K 409/14.GI
In einem Senioren-Pflegeheim war im Januar 2012 nachts, es herrschten außen Minustemperaturen, bemerkt worden, dass eine damals 90 Jahre alte, demenzkranke, orientierungslose und verwirrte Heimbewohnerin sich nicht in ihrem Zimmer befand. Nach zunächst erfolgloser Suche durch das Heimpersonal, auch außerhalb der Einrichtung, informierte dieses um 04:34 Uhr die Polizei darüber, dass die Bewohnerin aus dem Pflegeheim abgängig sei und teilte mit, dass sie bereits mehrere Kilometer zurückgelegt haben könnte, da sie sehr gut zu Fuß sei.
Bekleidet sei sie wahrscheinlich nur mit einem Nachthemd und einem Bettjäckchen. Die Polizei ging davon aus, dass sich die Seniorin in einer hilflosen Lage befand und leitete umfangreiche Suchmaßnahmen ein. Um 06:45 Uhr forderte die Polizei die Feuerwehr zur Unterstützung bei der Personensuche an.
Auch die Feuerwehr ging von der Gefahr einer erheblichen Unterkühlung oder gar eines Erfrierungstodes aus und ließ die Freiwilligen Feuerwehren mehrerer Ortsteile der Gemeinde, in der sich das Heim befand, mit mehreren Fahrzeugen und 39 Personen ausrücken. Die aufwendige Suche war erfolgreich: Gegen 10 Uhr konnte die Frau stark unterkühlt in einem Kellerschacht liegend aufgefunden werden. Sie wurde ins Krankenhaus gebracht.
Der Träger der Freiwilligen Feuerwehr berechnete dem Land Hessen (als Träger der Polizei) für den Einsatz ca. 2.800.- Euro. Die Polizeiverwaltung erließ dann gegenüber dem Heimbetreiber einen Kostenbescheid in Höhe von 2.806,49 Euro.
Der Heimbetreiber erhob gegen diesen Bescheid Klage zum Verwaltungsgericht.
Mit seinem Urteil hat das Verwaltungsgericht Gießen den Kostenbescheid aufgehoben und dem Land Hessen die Kosten des Verfahrens auferlegt. Der Bescheid sei rechtswidrig.
In der Begründung des Gerichts heißt es, die Feuerwehr habe keine Auslagenerstattung fordern können. Daher sei das Land Hessen nicht berechtigt gewesen, diese Kosten vom Heimträger im Wege des Kostenbescheides zu erheben. Denn der Einsatz der Feuerwehr habe in vollem Umfang der Rettung der Seniorin aus akuter Lebensgefahr gedient. Dies führt das Gericht anhand der Details des Einsatzes im Einzelnen aus. Für eine derartige Situation verbiete § 61 Absatz 6 des Hessischen Gesetzes über den Brandschutz, die Allgemeine Hilfe und den Katastrophenschutz (Hessisches Brand- und Katastrophenschutzgesetz – HBKG) die Erhebung von Gebühren und Auslagen.