Veranstaltungen und Fortbildungen

Am Freitag, den 19. März 2021 werden wir unseren Jugendfachtag 2021 durchführen.Am Freitag den 19.3.2021 findet der elfte Fachtag Werdenfelser Weg diesmal

als Online-Veranstaltung

statt.

 

Arbeitstitel: Jugendpsychiatrie und freiheitsentziehende Maßnahmen

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Er wird sich im Schwerpunkt mit der Situation in der Jugendpsychiatrie und der Anschlussversorgung auseinandersetzen. Nach § 1631 b BGB ist eine entsprechende Entscheidung der Eltern, ein Kind in die Obhut der Jugendpsychiatrie im geschlossenen Setting zu geben, familiengerichtlich genehmigungspflichtig.

Auch hierfür sind verpflichtend Verfahrensbeistände zur Unterstützung der Kinder und Jugendlichen und der Vertretung im Verfahren eingesetzt.

Aber auch hier haben wir einen rechtlichen Zustand, der stark an den Beginn des Werdenfelser Wegs im Erwachsenenrecht erinnert:  Verfahren werden durchgeführt, aber fast zu einhundert Prozent wird den Unterbringungsanträgen entsprochen.

  • Stellen wir die richtigen Fragen?
  • Begleiten wir den Prozess kritisch genug?
  • Überlassen wir die Frage der prognostischen Kindeswohlgefährdung allein dem ärztlichen Blickwinkel?
  • Kommen wir ausreichend in die Kommunikation mit den Jugendlichen?
  • Findet eine ausreichende Prüfung der Fragen der Eignung, Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit statt?

 

Dafür bemühen wir uns besseren Einblick in die Entscheidungssituation.

 

Tagungsprogramm

 

9.00 – 9.10 Uhr

Begrüßung Prof. Dr. Daniel Flemming, KSH München

9.10 –9.30 Uhr

Begrüßung Josef Wassermann, Dr. Sebastian Kirsch Initiatoren des Werdenfelser Wegs

 

9.30 – 10.30 Uhr , plus 10 Min. Diskussion

Freiheitsentziehung in der Jugendpsychiatrie – Welche Fragen Sie stellen müssen

Dr. Dietmar Eglinsky, Klinikdirektor der Vitos Kinder- und Jugendklinik für psychische Gesundheit Kassel

Wir werden unterstützt durch Dr. Dieter Eglinsky, Chefarzt der Kinder- und Jugendpsychiatrie Kassel, einen kritischen und scharfsinnigen Geist, der zum Thema Freiheitsentziehung in der Jugendpsychiatrie- uns aus fachlicher Sicht coachen wird.

 

10.40 – 11.00 Uhr Pause mit Austauschmöglichkeit

 

11.00 – 11.20 Uhr, plus 10 Min. Diskussion

Systemische Fragetechniken als Verfahrensbeistand in der Jugendpsychiatrie Lisa Bader, Verfahrensbeistand und Heilpädagogin. 

Frau Lisa Bader berichtet über ihre Methodik zu Systemischen Fragetechniken als Verfahrensbeistand in der Jugendpsychiatrie und demonstriert dies an Beispielen.

 

11.30 – 11.50 Uhr, plus 10 Min. Diskussion

Eins-zu-Eins Betreuung bei 5-Punkt-Fixierung in der Jugendpsychiatrie

Dr. Sebastian Kirsch, Richter am Amtsgericht Garmisch-Partenkirchen, wird zur aktuellen Frage  des zwingenden Erfordernisses einer „Eins-zu- Eins Betreuung bei 5-Punkt-Fixierung in der Jugendpsychiatrie“ referieren.

 

12.00 – 13.00 Uhr Mittagspause mit Austauschmöglichkeit

13.00 – 13.45 Uhr, plus 15 Min. Diskussion

Freiheitsentziehende Maßnahmen bei Intelligenzminderung und herausforderndem Verhalten in der Kinder- und Jugend-psychiatrie

Dr. med. Martin Sobanski, leitender Oberarzt der Abteilung Haar des kbo-Heckscher-Klinikums (Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik, Psychotherapie)

Er spricht  über freiheitsentziehende Maßnahmen bei Doppeldiagnosen in der Jugendpsychiatrie, weil in dem von ihm geführten Teil der Kbo Klinik beim Zusammentreffen von geistigen Behinderungen und psychischen Erkrankungen von Kindern und Jugendlichen gerade die Frage von begrenzenden Maßnahmen und deren Vermeidung zum Alltag gehört. Zudem bietet sich die Möglichkeit sein noch junges Haus einer breiteren Fachöffentlichkeit vorzustellen.

 

14.00 – 14.30 Uhr, plus 15 Min. Diskussion

Einwilligungsfähigkeit von Minderjährigen bei Unterbringung und feM

Lars Mückner, Richter aus Duisburg,  gibt uns die Ehre, eine Frage rechtlich mal genauer zu beleuchten, die für den Alltag von zentraler Bedeutung ist, nämlich Einwilligungsfähigkeit von Minderjährigen  bei Unterbringung und feM:

  • Ab welchem Alter und welchem Reifegrad darf der Jugendliche eigentlich eigenverantwortlich auch selbst letztverbindlich entscheiden, ob er mit einer Unterbringung oder feM einverstanden ist?
  • Entscheiden immer die Eltern mit dem Erfordernis der richterlichen Genehmigung?
  • Ab welchem Zeitpunkt tritt die eigenverantwortliche Entscheidung des Jugendlichen an die Stelle der elterliche Entscheidung? Erst ab dem 18. Geburtstag? Oder doch schon zuvor, wenn er eine entsprechende Reifeentwicklung aufzeigt?

 

14.45 – 15.00 Uhr

Zusammenfassung und Verabschiedung

Josef Wassermann, Dr. Sebastian Kirsch

 

Moderation: Josef Wassermann, Dr. Sebastian Kirsch

Termin: 19.3. 2021, ganztägig

 

Informationen
Termin: 19. März 2021, 9.00 – 15.00 Uhr
Kosten 90,–

(€ 30,– € für Studierende und Schüler)

Anmeldung

Bitte senden Sie Ihre Anmeldung an: if-fortbildung@ksh-m.de
Nennen Sie bitte bei Ihrer Anmeldung:
• den Tagungstitel bzw. die Tagungsnummer: 3130908
• Ihren Namen, Anschrift, Telefon
Anmeldeschluss 16. März 2021

 

Die Teilnahme an der Online-Tagung ist auch für technisch Ungeübte einfach.
An technischen Voraussetzungen benötigen Sie lediglich einen Internetanschluss, einen Rechner, einen Monitor und einen Lautsprecher oder einen Kopfhörer.

Vor Veranstaltungsbeginn erhalten Sie von der Katholischen Stiftungshochschule einen Zoom-Link mit einer kurzen Anleitung.

Katholische Stiftungshochschule München Institut für Fort- und Weiterbildung
Preysingstraße 95, 81667 München
Telefon 089-48092-9312
if-fortbildung@ksh-m.de
www.ksh-muenchen.de

Direktion Prof. Dr. Daniel Flemming, Prof. Dr. Andrea Dischler
Weiterbildungsmanagement Karin Rothmund, Telefon 089-48092-8423 karin.rothmund@ksh-m.de
Sekretariat Ursula Switalla, Telefon 089-48092-8462 ursula.switalla@ksh-m.de

 

Rückblick:  Fachtag 2019 – Kinder

8. Fachtag Werdenfelser Weg:

Freiheitsentziehung bei Minderjährigen
Problemlagen und   Lösungen

Am Freitag den 1. März 2019 fand der achte Fachtag Werdenfelser Weg in München statt.

Das zweite Mal befassten wir uns mit der Genehmigungspflicht von freiheitsentziehenden Maßnahmen bei Minderjährigen in Einrichtungen. Erste Erfahrungen liegen in Krankenhäusern, Behinderteneinrichtungen, heil-pädagogischen Tagesstätten und Wohneinrichtungen nunmehr vor. Viele Problemstellungen haben sich in der Rechtsanwendung ergeben.

Mit etwa 220 Teilnehmern war die Veranstaltung sehr gut besucht. Das Publikum setzte sich aus vielen Einrichtungsleitungen und Einrichtungsmitarbeiter(inne)n, aber auch aus einer großen Gruppe von Jugendamtsmitarbeiter(inne)n und Verfahrensbeiständ(inn)en aus. Auch Eltern und Familienrichter(innen) waren präsent neben einigen Ärzt(inn)en. Und es gab viele Diskussionen einerseits im Forum, andererseits in den Pausen.

Die Eröffnung und Begrüßung war Herrn Prof. Dr. Daniel Flemming, Direktor Institut für Fort- und Weiterbildung an der Katholischen Stiftungshochschule, vorbehalten, bei dem und dessen Mitarbeitern, namentlich der großartigen Karin Rothmund, wir uns auch ganz besonders bedanken

Danach  erfolgte die Begrüßung des Publikums und der  Ehrengäste durch Josef Wassermann und eine thematische Einführung durch Dr. Sebastian Kirsch, den beiden Initiatoren des Werdenfelser Wegs.

Dr. Kirsch appellierte insbesondere an seine Familienrichterkollegen, das Genehmigungsverfahren nicht als lästigen Durchlaufposten zu betrachten. Er forderte sie auf, nicht dieselben Fehler zu begehen, die die Betreuungsrichter über viele Jahre begangen hatten, nämlich  beim Genehmigungsverfahren in Passivität darauf zu vertrauen, dass das alles immer fachlich richtig und alternativlos wäre, was man als Fixierungsempfehlung mitgeteilt bekommt.

Gesetze sind wichtig, aber Gesetze sind dafür dar, dass es auf ihnen blühe, zitierte er Paul Klee.

Im Anschluss lieferte das mutweltentheater eine atemberaubende und beklemmende kreative Einführung in das Thema.

Die beiden Akteurinnen Sonja Welter und Susanne Bloss hatten sich eine kleine szenische Darstellung überlegt, mit der sie ersichtlich auch den Nerv des Publikums trafen. Sie stellten eine Verweigerungssituation eines Kindes spielerisch dar und die sich daraus entwickelnde Eskalation, die sinnbildlich dargestellt zu einer Fixierung führte. Dabei war ihr Augenmerk nicht primär auf die eher austauschbare Auslösesituation gerichtet, sondern auf die Darstellung, wie als Hauptakteure die Eltern, die fachlichen Betreuer einer Einrichtung und das betroffene Kind die Krise jeweils emotional erleben.

Ein Blick in die Runde im Publikum ergab, dass sie dabei das emotionale Erleben der Eltern, aber auch der fachlichen Betreuer richtig erfasst und mit großem Talent für kleine Gesten für alle Beteiligten spürbar gemacht haben. Sie erfüllten den Raum mit dem Gefühl, durch die Anwendung einer Fixierung versagt zu haben, zugleich auch mit der allgegenwärtigen Sorge, ausreichend als Verantwortungsträger Schutz bieten zu können bis hin zu der Zerrissenheit im Zwiespalt der Zuneigung zu dem Kind und des kindlichen Vertrauens  erhebliche Freiheitsentziehungen veranlasst zu haben, gegen die das Kind sich auch bildhaft wehrte.

Und weil man im Raum spürte, dass die dargestellten Gruppen sich in ein ihren eigenen Emotionen richtig wiedergegeben fanden, wirkte auch die Darstellung des Erlebens durch das Kind selbst umso glaubwürdiger. Man hätte eine Stecknadel fallen hören können während der szenischen Darstellungen. Kein Wunder, dass im Anschluss einige Tränen aus Augenwinkeln entfernt wurden.

Direkt im Anschluss dann berichtete Frau Dr. Jutta Kossat, Aschau von ihren Erfahrungen aus Elternsicht als Mutter eines mittlerweile über 20-jährigen Sohnes mit Autismus-Spektrums-Störung und rezedivierenden Krisen, der ca. sieben Jahre in nächtlichem Zimmereinschluss gelebt hat.

Frau Kossat gab durch die Darstellung ihrer eigenen und höchstpersönlichen Erlebnisse auch dieses Jahr betroffenen Eltern eine nachdenkliche und selbstkritische Stimme.

Selbst Ärztin und mit der Methodik der Traumatherapie vertraut analysierte sie ihre eigene Befassung, die vermutlich gar nicht untypisch ist.

Der Ausgangspunkt der kaum mehr erträglichen innerfamiliären Belastung durch herausfordernde Verhaltensweisen eines jungen Menschen steht am Anfang vieler familiärer Entwicklungen, die dann zu der Entscheidung einer Heimaufnahme führen. Im Falle ihres Sohnes durch einen unglaublich hohen Bewegungsdrang, der in einen kaum mehr beherrschbaren Drang zu langen und ausgiebigen Wanderungen und in diesem Zusammenhang zu hoher Weglauftendenz führte.

Im nächsten Schritt schilderte sie die Aufnahme in einer Einrichtung und die Versuche dort mit dem Drang umzugehen. Sie schilderte die traumatisierende Wirkung auf sie selbst einer Nacht, in der ihr Sohn aus der Einrichtung weggelaufen war. Er konnte nach eiseskalter Nacht und höchstem Suchaufwand und vielen bangen Stunden schlimmste Befürchtungen erst am Morgen gefunden werden.

Sie schilderte die anschließende Phase eigener Verdrängung, nachdem sie einem Einschluss für die Nacht zugestimmt hatte und die richterliche Genehmigung dafür erhalten hatte. Sie fühlte sich als Mutter hilflos, nahm subjektiv den Schutz, den der Einschluss bot als für sie selber wichtig wahr.

Sie erzählte, dass sie dabei die Rahmenbedingungen nicht wahrnehmen wollte, die das für ihren Sohn bedeutete. Sie konnte sich erst Jahre später eingestehen, dass sie verdrängt hatte, unter welchen Umständen ihr Sohn allnächtlich in seinem kahlen leergeräumten Zimmer eingesperrt war, oft ohne Sichtkontrolle, ohne Dokumentation, teilweise zwölf Stunden ohne Unterbrechung und menschlichen Kontakt.

Und sie schilderte, wie ihr nach Jahren deutlich wurde, welche traumatisierende Wirkung der Einschluss in einem kahlen Zimmer für ihren Sohn hatte. Sie sah auch in diesem Trauma eine Mitursache dafür, dass immer geringere Auslöser zu neuen Eskalationen führten.

Sie erzählte, wie das vertrauensvolle Verhältnis zu der Einrichtung Risse bekam, als die Eltern begannen, an der einen oder anderen Information zu zweifeln bzw. nachbohrten.

Ihre Erfahrungen führten dazu, dass sie und ihr Mann mittlerweile an einem Konzept für Menschen mit geistig-seelischer Behinderung und herausforderndem Verhalten arbeiten, das sie in Zukunft in eigener Verantwortung in Kooperation mit anderen Verantwortungsträgern umsetzen möchten.

Gerade auch weil sie mit eigener ärztlicher Fachlichkeit und mit Blick auf traumatisierende Entwicklungen in ihrer eigenem Erleben und der Wahrnehmung ihres Sohnes diese gemeinsame Leidenszeit darstellen konnte, konnte sie den Blickwinkel der Eltern, aber auch eines betroffenen jungen Mannes mit hoher Glaubwürdigkeit transportieren.

Nach diesem tief unter die Haut gehenden Erfahrungsbericht lieferte Frau Petra Wolf, Erlangen Fachwirtin für Soziales und Gesundheitswesen (IHK), Erzieherin, Sozialmanagement, Coach (univ.), Mediatorin (univ.), Verfahrenspflegerin/-beistand Werdenfelser Weg mit großem Engagement und viel Temperament einen mitreißenden Vortrag zum Thema: Herausforderndes Verhalten bei autistischen Kindern

Sie nahm die Zuhörer anhand von einfachen Beispielen mit in die Denkweise autistischer Menschen. Sie stellte immer wieder auch humorvoll gegenüber, wie dieselben Situationen von Menschen mit und ohne Autismus unterschiedlich wahrgenommen werden. Sie konnte das Publikum verblüffen, indem sie Teilnehmer in „Augäpfel“ mit aller damit verbundenen Überwindung und verzerrten Wahrnehmung beißen ließ, und aufzeigte, dass für einen Menschen mit Autismus dies nicht mehr als ein gewöhnliches Gummibärchen sei.

Sie zeigte an einfachen Beispielen auf, welchen Fehlerquellen Nichtautisten unterliegen, wenn sie versuchen, das Verhalten von Menschen mit Autismus zu interpretieren. Sie plädierte dafür, aufgrund der multiplen Fehlerquellen nicht zu versuchen, zu verstehen und interpretieren, sondern vielmehr das Verhalten zu beobachten und über die Beobachtung nach Auflösung zu suchen. Dabei machte sie darauf aufmerksam, dass vor allem eine bestimmte nahe liegende Interpretation immer fehlerhaft sein muss: Menschen mit Autismus können nicht provozieren. Die Interpretation, dass ein Autist ein bestimmtes Verhalten zeigt, um zu provozieren, muss immer fehlerhaft sein, denn gerade die Resonanz, die einer Provokation als Ziel zu Grunde liegt, fehlt dem Artisten seiner Wahrnehmung.

Sie setzt in ihrer Vorgehensweise daran an, dass ein Mensch mit Autismus immer nur Verhaltensweisen zeigen wird, die ihm subjektiv Nutzen bringen.

Deswegen sucht sie in den Verhaltensbeobachtungen auch bei noch so selbst schädigenden oder fremdschädigenden Verhaltensweisen nach dem subjektiven Nutzen, den der Mensch mit Autismus in seinem ganz konkreten Fall verfolgt.

Der durch Verhaltensbeobachtungen vermutete Nutzen führt dann zu einer Suche nach alternativen Angeboten an den Autisten, denselben Nutzen anderweitig (und ohne Schädigungen) erreichen zu können. Dabei berichtete sie insbesondere von den Schwierigkeiten im Kontakt mit nichtsprechenden Autisten, gleichzeitig aber auch von einem einfachen Kommunikationssystem mit drei Fingern, das selbst auf dieser Ebene nach ihrer Erfahrung sehr gut funktioniert.

Und sie arbeitete auf diese Art und Weise kreative und verblüffende Problemlösungen für Einzelfälle heraus. Sie führte vor, dass manche massiv autoaggressiven Verhaltensweisen sich auflösen ließen als Versuche den eigenen Körper zu spüren und dabei selbst die Entscheidung über die Intensität als Autist zu haben. Das Publikum war  hin und hergerissen zwischen Lachen und ungläubigem Staunen, wenn Frau Wolf von Tapebändern mit Milchreis in Schuhen oder Balancestühlen bei bewegungsaktiven  Menschen mit Autismus als erfolgreichem Lösungsansatz für jeweils hochindividuellen Einzelproblemen erzählte.

Mit ihrem Humor, ihrer eigenen Herangehensweise und den in manchen Fällen verblüffend einfachen, wenn auch komplexer Logik folgenden Auflösungen, hielt sie das Publikum jederzeit im Bann.

Im Anschluss sprach Frau Stefanie Zeh-Hauswald, ZBFS – Bayerisches Landesjugendamt in  München über die Aufgaben, aber auch Erwartungen an die Jugendämter im Zusammenhang mit den Genehmigungsverfahren nach § 1631b Abs.2 BGB:

Freiheitsentziehende Maßnahmen bei Kindern und Jugendlichen –

Mitwirkung des Jugendamts in familiengerichtlichen Verfahren

Im Zuge des Mitwirkungsauftrags der öffentlichen Kinder-und Jugendhilfe in familiengerichtlichen Verfahren ergeben sich durch die Neuregelung des § 1631b BGB auch neue Fragen und Aufgaben für die Rolle des Jugendamtes in Verfahren  gemäß § 50 SGB VIII.

Auch wenn die örtlichen Jugendämter in der Regel keinen Bezug zu Kindern und Jugendlichen in Einrichtungen der Eingliederungshilfe haben und deshalb durchaus Zurückhaltung in den Tag legen, sich in den Genehmigungsverfahren zu beteiligen, stellte sie dennoch klar, dass ein klarer Auftrag des Gesetzgebers zur Mitwirkung der öffentlichen Kinder und Jugendhilfe an den familiengerichtlichen Genehmigungsverfahren § 1631b Abs. 2 BGB besteht.

Und zugleich stellte sie das Problem heraus, dass für diese speziellen Fragestellungen eine eigene fachliche Expertise von den örtlichen Jugendämtern kaum zu erwarten wäre.

Gerade auch durch eine aktive lokale Vernetzung mit den Familiengerichten und in der Unterstützung eines spezialisierten Ansatzes der Interpretation des Verfahrensbeistands, wie in der Werdenfelser Weg vertritt, sah sie konkrete Möglichkeit, die Mitwirkungspflicht zu erfüllen. Warum sollte ein Jugendamt nicht ein Familiengericht in der Suche nach einem spezialisierten Verfahrensbeistand unterstützen?

Intensive Diskussionen im Anschluss zeigten, dass sie die durchaus erheblichen Probleme der Jugendämter mit ihrer Rolle richtig erfasst hatte.

Nach der Mittagspause berichtete Frau Annegret Schleicher aus Münster von ihrer Arbeit als spezialisierter Verfahrensbeistand nach dem Werdenfelser Weg, gerade auch in Fragestellungen von freiheitsentziehenden Maßnahmen bei Kindern und Jugendlichen mit Einschränkungen.

Sie plädierte vor ihrem eigenen fachlichen biografischen Hintergrund derzeit als Fachlehrerin für Sonderpädagogik dafür, dass Verfahrensbeistände in diesem Spezialbereich mit Fachwissen ausgewählt werden sollten und sprach sich für besondere Qualifikationsnachweise aus.

Anhand eines konkreten Beispiels konnte sie schildern, inwieweit bei einem jungen Mädchen mit schwersten Einschränkungen und einer undifferenzierten Vorauswahl eines Verfahrensbeistandes massive dauerhafte Freiheitsentziehungen drohten, im Gerichtsverfahren nahezu unreflektiert übernommen zu werden.

Andererseits schilderte sie, wie sie in gravierenden Einzelfällen auch mit ihrem Einsatz vor dem Hintergrund ihres eigenen fachlichen Wissens auf Alternativen und Möglichkeiten zur Reduzierung von schweren Eingriffen hinarbeiten konnte. Sie konnte dabei den Anwesenden auch die Arbeitsweise eines Verfahrensbeistandes in diesem Spezialbereich greifbar und nachvollziehbar machen.

Am Nachmittag nutzte zunächst ein Team der Rummelsberger Diakonie  aus dem Nürnberger Land die Gelegenheit best practice in der Kinder- und Jugendhilfe darzustellen.

Herr Thomas Bärthlein, Regionalleiter Kinder- und Jugendhilfe Nürnberger Land, und Frau Jennifer Krappmann, Einrichtungsleitung im pädagogisch-therapeutischen Intensivbereich in Rummelsberg und  Psychologin, schilderten gemeinsam den Umgang mit einem Time-out Raum.

Dabei wurde auch ein Rückblick auf 40 Jahre Erfahrung mit schwersten Fällen der Intensivpädagogik und die Veränderungen der Herangehensweise seither herausgearbeitet. Es wurde deutlich, dass man die Anwendungen in diesen Jahrzehnten auf einen Bruchteil der früheren Zahlen reduzieren konnte. Bei etwa 30 männlichen Jugendlichen Bewohnern im pädagogisch-therapeutischen Intensivbereich komme es heute pro Jahr nur ca. sechs mal für etwa 30 Minuten zu einer Anwendung dieser freiheitsentziehenden Maßnahme trotz täglicher Eskalationsgefahren gegenüber  ca 100 Einsätzen pro Jahr in früheren Jahrzehnten.  Sie schilderten, welche anderen Möglichkeiten vorrangig genutzt werden, um dem Gedanken einer Ultima Ratio gerecht zu werden. Auch wenn sie von sich nahezu täglich aufschaukelnder Gewalt in der Gruppe, provokativem Auftreten mit Messern und Androhung von Schlägen gegenüber Mitarbeitern erzählten, stellten sie klar: geschlossen untergebrachte Jugendliche brauchen ein besonders tragfähiges Netz aus verlässlichen, empathischen und grenzsetzenden Erwachsenen.

Den Abschluss der Vorträge bildete ein Team des Franziskushauses in Au am Inn, bestehend aus Frau Rebecca Löw, Gruppenleiterin, Herrn Andreas Steinegger, Wohnbereichsleiter und dem Einrichtungsleiter Herrn Richard Voglmaier, Geschäftsführer Franziskushaus Au am Inn.

Sie berichteten von den großen Schwierigkeiten, aber auch Erfolgen im Umgang mit schwerst auffälligen Kindern und Jugendlichen. Häufig würden die Kinder in der Aufnahmesituation heftigste Verhaltensauffälligkeiten zeigen, die abzubauen die eigentliche Aufgabe der Einrichtung sei. Anhand des Falles von Tobias-Gerhard schilderten sie beispielhaft, wie sie mit einem mittlerweile fast volljährigen Jugendlichen umgehen, der seit einem Jahr in der Einrichtung lebt und mit hoher Vehemenz beständig fordert, selbst eingesperrt zu werden. Sie schilderten von erfolglosen Fehlversuchen, aber auch von erfolgreichen kleinen Schritten, diese Auffälligkeit zu reduzieren und den Ideen, die verfolgt werden, auf diesem Weg auch weiterzugehen. Gerade auch die Schilderung von Ideen, die man dabei erfolglos umzusetzen versuchte, gab dem Publikum eine Ahnung davon, wie viel Kreativität erforderlich ist und eingesetzt wird, um mit derartigen Verhaltensweisen umzugehen. Und nebenbei konnte seine Beschulbarkeit von wenigen Minuten pro Tag auf mehrere Stunden täglich gesteigert werden.

Abschließend erfolgte eine gemeinsame Verabschiedung von allen Referenten, ein Ausblick auf die Planungen für das nächste Jahr und die Ankündigung, auch 2020 wieder einen Fachtag für diese Sachfrage auf die Beine stellen zu wollen.

 

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